Innovativ, patientenorientiert und lebensrettend
Klinische ForschungsgruppenDas Programm Klinische Forschungsgruppen KFG ist Österreichs erste kollaborative Forschungsinitiative mit klarem Fokus auf patientenorientierte, medizinisch relevante Themen im Gebiet der nicht-kommerziellen klinischen Forschung. Mit MOTION, ATTRACT und dem Austrian Digital Heart Program sind die drei ersten Projekte bereits seit Oktober 2023 am Arbeiten. Der zweite Call wurde 2024 geöffnet, die nächsten KFG werden ihre Arbeit Anfang 2026 aufnehmen.
ATTRACT
Personalized targeted glioblastoma therapies by ex vivo drug screening: Advanced brain Tumour TheRApy Clinical Trial
Forschungsgebiet: Personalisierte Präzisionsmedizin in der Onkologie
Lead Institution: Medizinische Universität Wien
Partnerinstitutionen: CBmed GmbH, Medizinische Universität Graz, Kepler Universitätsklinikum/Johannes Kepler Universität, Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Universität Innsbruck, Danube Private University, Austrian Institute of Technology (AIT)
Head: Assoc.-Prof. PD Dr. Anna Sophie Berghoff
Mentor: Univ.-Prof. Dr. Matthias Preusser
Glioblastome sind die häufigsten bösartigen Hirntumore bei Erwachsenen. Sie verlaufen meist sehr aggressiv, verursachen viele Beschwerden und haben eine schlechte Prognose. Trotz intensiver Forschung gibt es bisher keine wirklichen Durchbrüche bei der Behandlung. Ein großes Problem ist, dass viele Medikamente nicht gut ins Gehirn gelangen und die derzeitigen Therapien oft nicht ausreichend wirken. Etwa 60 bis 70 Prozent der Betroffenen sprechen genetisch bedingt sogar noch schlechter auf Chemotherapien an. Deshalb braucht es dringend neue, individuell angepasste Behandlungsansätze, die sich an den biologischen Eigenschaften des Tumors orientieren. Genau das ist das Ziel des Projekts ATTRACT: Es soll die sogenannte „funktionale Präzisionsmedizin“ voranbringen. Das bedeutet, dass für jede Patientin und jeden Patienten eine möglichst passende, maßgeschneiderte Therapie entwickelt wird.
Das Projekt ist eine Zusammenarbeit von Fachleuten aus ganz Österreich – darunter Kliniken, Grundlagenforschung und angewandte medizinische Forschung. Der erste große Schritt ist der Aufbau einer nationalen Biobank für Glioblastome, genannt GlioBank. Dabei arbeiten fünf große Kliniken in Wien, Graz, St. Pölten, Linz und Innsbruck zusammen. Geplant ist, über vier Jahre hinweg rund 600 erwachsene Patient:innen mit Verdacht auf ein Glioblastom in die Biobank aufzunehmen. Aus den frischen Tumorproben werden sogenannte „patient-derived tumour cells“ (PDCs) hergestellt. Diese Tumorzellen werden im Labor gezüchtet, um zu testen, wie sie auf verschiedene Medikamente reagieren. So kann man herausfinden, welche Wirkstoffe im Einzelfall am besten wirken könnten.
Ob dieser neue Ansatz tatsächlich hilft, wird in einer klinischen Studie untersucht: Dabei werden 240 Patient:innen mit neu diagnostiziertem Glioblastom in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhält die Standard-Diagnostik, die andere zusätzlich eine Medikamententestung mit ihren eigenen Tumorzellen. Die gesammelten Proben und Daten (einschließlich bildgebender Verfahren wie MRT) werden anschließend weiter ausgewertet. Ziel ist es, mithilfe moderner Analyseverfahren und künstlicher Intelligenz neue Erkenntnisse über das Ansprechen auf Therapien und mögliche Resistenzmechanismen zu gewinnen – und langfristig neue Biomarker für bessere Behandlungen zu identifizieren.
Austrian Digital Heart Program
Austrian Digital Atrial Fibrillation Screening and Intervention Program
Forschungsgebiet: Vorhofflimmern
Lead Institution: Medizinische Universität Innsbruck
Partnerinstitutionen: Austrian Institute of Technology (AIT), Medizinische Universität Graz, UMIT Tirol
Head: Ass. Prof. Priv.-Doz. Dr. Sebastian Reinstadler, PhD
Mentor: Univ.-Prof. Dr. Axel Bauer
Vorhofflimmern ist die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen. Etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung sind betroffen – und mit zunehmendem Alter wird es immer häufiger. Bleibt Vorhofflimmern unentdeckt und unbehandelt, kann es schwerwiegende Folgen haben, zum Beispiel Herzschwäche oder Schlaganfälle. Heute können viele Menschen ihren Puls und Herzrhythmus bereits mit digitalen Geräten wie Smartphones oder Smartwatches kontrollieren. Diese Technik lässt sich gezielt zur Früherkennung nutzen. In Verbindung mit ärztlicher Betreuung könnten solche digitalen Messungen helfen, Komplikationen deutlich zu verringern.
Das Austrian Digital Heart Program verfolgt genau dieses Ziel: Es möchte ein digitales Vorsorgeprogramm zur Früherkennung von Vorhofflimmern in ganz Österreich aufbauen. Dabei arbeiten mehrere wissenschaftliche Einrichtungen zusammen, darunter die Medizinische Universität Innsbruck, die Medizinische Uni Graz, die UMIT Tirol und das Austrian Institute of Technology. Menschen ab 65 Jahren sind eingeladen, an dem Programm teilzunehmen. Dafür wird die App „Pulskontrolle“ entwickelt. Über die App können Nutzer:innen regelmäßig kurze Pulsmessungen durchführen. Zusätzlich erhalten sie Gesundheitstipps und auf sie abgestimmtes Feedback – das hilft, die eigene Herzgesundheit besser zu verstehen und zu fördern. Wenn die App ungewöhnliche Messwerte erkennt oder wenn Teilnehmende Fragen haben, besteht die Möglichkeit, eine telemedizinische Beratung in Anspruch zu nehmen. Dank der einfachen Bedienung ist das Programm für viele Menschen zugänglich – egal, wo sie wohnen. Ebenfalls wird eine Homepage (www.mein-puls.at) erstellt, um Informationen über das Projekt, Ziele und Fortschritte bereitzustellen.
Die gewonnenen Erkenntnisse aus diesem Projekt könnten wegweisend für zukünftige Vorsorgeprogramme sein und einen wichtigen Beitrag zur digitalen Weiterentwicklung des Gesundheitssystems leisten. Parallel dazu laufen die Vorbereitungen für die nächste Phase: eine große, österreichweite Studie – die größte digitale Gesundheitsstudie, die es hierzulande je gegeben hat. Dabei werden nicht nur viele Teilnehmer:innen eingebunden, sondern auch ein sicheres und stabiles IT-System aufgebaut.
MOTION
Disease-driving mechanisms in patients with portal hypertension
Forschungsgebiet: Lebererkrankungen, Portale Hypertension
Lead Institution: Medizinische Universität Wien
Head: Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ. Thomas Reiberger
Mentor: Univ.-Prof. Dr.med.univ. Michael Trauner
Das Projekt Disease-driving mechanisms in patients with portal hypertension – „MOTION“ widmet sich der Erforschung von Lebererkrankungen. Im Fokus steht dabei ein besonders gefährlicher Zustand: die sogenannte portale Hypertonie. Das bedeutet, dass der Blutdruck in der Leber zu hoch ist – was bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen häufig vorkommt und schwerwiegende oder sogar lebensbedrohliche Komplikationen verursachen kann. Der neue Ansatz von MOTION besteht darin, dass Therapieansätze für die portale Hypertension verfolgt werden, die nicht auf die Grunderkrankung der Leber fokussiert sind, sondern auf Mechanismen abzielen, die bei allen Lebererkrankungen auftreten.
Das Herzstück der Arbeit sind drei klinische Studien, in denen Patient:innen mit unterschiedlichen Lebererkrankungen behandelt werden. Die erste Studie betrifft Patient:innen mit kompensierter (früher) Leberzirrhose. Die zweite Studie betrifft Patient:innen mit dekompensierter Leberzirrhose – hier ist das Krankheitsbild schon weiter fortgeschritten. Die dritte Studie fokussiert auf Patient:innen mit vaskulären Lebererkrankungen. Hier entsteht der Pfortaderhochdruck durch den vermehrten Gefäßwiderstand. Diese drei Gruppen werden in drei nach internationalen Standards durchgeführten klinischen Studien untersucht.