Pneumologische Rehabilitation
datengetrieben überdenken

LBI for Rehabilitation Research

Die Coronapandemie hat in der Breitenwirkung ihren Schrecken verloren, ist in den Folgewirkungen aber noch sehr präsent. Am LBI for Rehabilitation Research werden Daten von Patient:innen, die zur ambulanten Rehabilitation von infektionsbedingten Beschwerden kommen, intensiv analysiert, um die Behandlung zu personalisieren. Objektive Funktionstests sind dafür genauso wichtig wie die subjektive Einschätzung des Wohlbefindens.

Ralf Harun Zwick, Fachbereichsleiter „Kardiopulmonale Rehabilitation“ am LBI for Rehabilitation Research, kümmert sich in der Therme Wien Med seit fünf Jahren intensiv um die ambulante Rehabilitation coronabedingter Folgeschäden. Der ärztliche Leiter blickt auf eine steile Lernkurve bei der Behandlung der Patient:innen mit dem großen Ziel der Individualisierung: „Wir haben alle unsere Prozesse geändert und machen gleichsam das Gegenteil von 2019, weil die Post-Covid-Patient:innen so anders sind. In die ambulante Rehabilitation kommen vergleichsweise junge Menschen, Mitte 40, mehr Frauen als Männer. Durch sorgfältige Ursachenforschung und Analyse der Behandlungsergebnisse haben wir viel dazugelernt.“

Unabhängig von der Schwere des Verlaufs der Covid-Infektion – ob ‚nur‛ mit Erkältungssymptomen oder inklusive Aufenthalt auf einer Intensivstation – bleiben bei manchen Patient:innen rehabilitationsbedürftige Folgewirkungen zurück. Sie werden durch die Viruserkrankung ausgelöst und bleiben nach dem Infekt über Wochen und Monate bestehen. Gefasst werden diese unter dem Sammelbegriff Postakute Infektionssyndrome (PAIS). Das Phänomen an sich ist nicht neu: „Wir finden diese Beschwerden bereits in medizinischen Publikationen aus 1920 im Nachgang der Influenza-Pandemie unter dem Namen Schlafsucht“, so der Lungenfacharzt und LBI Principal Investigator. Die sogenannte Fatigue ist eine anhaltende, übermäßige Erschöpfung, die sich durch Schlaf und Ruheperioden nicht verbessert. Weiters gehören zu den PAIS Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen (bekannt als Brain Fog), Muskelschmerzen und Schwäche, unerwartet auftretendes Herzrasen und Blutdruckschwankungen.

Wie viele Menschen in Österreich von PAIS nach einer Coronainfektion betroffen sind, ist (noch) unbekannt. Ralf Harun Zwick geht von einem Anteil im einstelligen Prozentbereich aus. Das fügt sich in das Bild einer Viruserkrankung, die einem Roulette gleicht. Sie trifft manche Menschen schwer, intensiv oder fortwirkend, andere kurz und kaum merkbar. Im Schnitt viereinhalb Monaten nach der überstandenen Infektion kommen Menschen, die mitten im Leben stehen, gewöhnlich mit PAIS-Beschwerden zur Rehabilitation in die Therme Wien Med. Dort sind auch Mitarbeiter:innen des LBI for Rehabilitation Research angesiedelt.

Die Forschung seines Teams beschreibt Ralf Harun Zwick als Kreislauf, in dem die Beantwortung der ersten Forschungsfragen nahtlos zu neuen Fragen führt, die erforscht werden wollen. So wurde etwa in ersten Analysen herausgearbeitet, dass mehr Frauen als Männer nach einer Post-Covid-Reha hochgradig eingeschränkt blieben (12,5 % im Vergleich zu 7,4%). Ihre Beschwerdelast blieb höher und in der Folge wurde erfolgreich ein Forschungsprojekt eingeworben, um die Ursache der muskulären Schmerzen besser zu verstehen. Ob sie in der Durchblutung, dem Muskel oder den Mitochondrien zu suchen ist, bedeutet ja letztlich unterschiedliche Therapieansätze in der Rehabilitation dieser Erkrankung.

Eine Kernkompetenz der Therme Wien Med und des LBI for Rehabilitation Research ist die vertiefte Diagnostik anhand von Messungen und Funktionstests. Daran fügt sich die laufende systematische Datenauswertung von Behandlungspfaden, Rehabilitationsverläufen und Therapieergebnissen: „Wir brauchen ein gutes Abbild des einzelnen Menschen, um ihn personalisiert zu behandeln. Wobei medizinische Messdaten (CROM) und subjektive Rückmeldungen der Patient:innen (PROM) gleichermaßen berücksichtigt werden.“

Sowohl für die verbesserte Patient:innenversorgung als auch die Evaluation müssen relevante Einflussgrößen für den Heilungserfolg – sogenannte Critical Success Factors (CSF) – identifiziert und berücksichtigt werden. Die Idee dahinter: Schon am Beginn einer Reha soll erkannt werden, welche Patient:innen mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Behandlung profitieren werden und welche nicht. Anhand von CSF wurden ab 2021 Rehabilitationsprogramme für verschiedene Kollektive (Covid, COPD etc.) systematisch untersucht und die Ergebnisse in (inter-)nationalen Fachpublikationen veröffentlicht.

Auf dem Weg zu einer personalisierten Rehabilitation gilt es, im ersten Schritt bereits individuelle Ausgangswerte zu berücksichtigen. Ein Beispiel sind typische und klinisch relevante Funktionstests, wie der „6 Minuten Gehtest“, ein anerkanntes, objektivierbares Maß für körperliche Leistungsfähigkeit. Es macht eben einen Unterschied, ob jemand zu Beginn in sechs Minuten 300 Meter geht oder die doppelte Strecke. Mit dem „T2D-Performance Score“ gibt es einen neuen Ansatz, um Verbesserungen individuell einschätzen zu können. Die Grundlage dafür liefern sogenannte patient-reported outcome measures (PROMs) seitens der Patient:innen und clinician-reported outcome measures (CROMs), die vom klinischen Personal durchgeführt werden. Hier können auch Vergleiche zwischen „Pulmo-Reha“, „Kardio-Reha“ und „Post-Covid-Reha“ aufschlussreich sein.

Die laufende wissenschaftliche Begleitung der Rehabilitationspfade ebnet den Weg zur gut abgestimmten individualisierten Rehabilitation im Sinne des ICF, die in der gleichen Zeit bessere Ergebnisse erzielt. So sollen künftig Post-Covid-Patient:innen mit ihren sehr unterschiedlichen Beschwerdebildern erleichtert aufatmen können.

Highlights

Neue Leitung

Seit 1.1.2024 leitet DDr. Vincent Grote das LBI, er war davor schon als stv. Institutsleiter und Key Researcher wesentlich für den Erfolg des Institutes verantwortlich

Neue administrative Leitung

Im Zuge der Neustrukturierung des LBG Karrieremodells übernahm Ing. Stefan Löfler ab 1.1.2024 die Position des Administrativen Leiters.

Projekterfolg

Im Rahmen des EU INTERREG SK-AT Programmes wurde unser neues grenzüberschreitendes Projekt Cross-Prehab genehmigt und gestartet.

1. Salzburger Symposium Rehabilitationsforschung

Der Reha-Hub, ein Zusammenschluss des LBI for Rehabilitation Research, LBI für Digitale Gesundheit und Prävention, LBI für Athritis und Rehabilitation und dem Land Salzburg, lud zu einem hochkarätigen Symposium über die Evidenz und neue Konzepte in der Rehabilitation in Österreich.

Gratulation zum MSc.!

Mit der Evaluation der Übergangsrehabilitation für geriatrische Patienten hat Chiara Vetrano ihren MSc in Psychologie abgeschlossen.

Ausgewählte Publikationen

Utilization of Mental Health Provision, Epistemic Stance and Comorbid Psychopathology of Individuals with Complex Post-Traumatic Stress Disorders (CPTSD)-Results from a Representative German Observational Study. . Riedl, D., Kampling, H., Nolte, T., Kirchhoff, C., Kruse, J., Sachser, C., Fegert, J. M., Gündel, H., Brähler, E., Grote, V., Fischer, M. J., & Lampe, A. (2024).

Journal of clinical medicine, 13(10), 2735. https://doi.org/10.3390/jcm13102735

A mito-centric view on muscle aging and function.. Burtscher, J., Strasser, B., & Burtscher, M. (2024).

Frontiers in public health, 11, 1330131. https://doi.org/10.3389/fpubh.2023.1330131

Responsiveness of Isokinetic Dynamometry in Patients with Osteoarthritis after Knee and Hip Arthroplasty: A Prospective Repeated-Measures Cohort Study. . Prüfer F, Pavlović M, Matko Š, Löfler S, Fischer MJ, Šarabon N, Grote V. (2024).

Healthcare, 12(3), 314. https://doi.org/10.3390/healthcare12030314

Sex differences of post-Covid patients undergoing outpatient pulmonary rehabilitation. . Kautzky A, Nopp S, Gattinger D, Petrovic M, Antlinger M, Schomacker D, Kautzky-Willer A, Zwick RH. (2024).

Biol Sex Differ, 15(1), 36. https://doi.org/10.1186/s13293-024-00609-z

Das Team

Unsere Forschungsgruppe untersucht Zusammenhänge zwischen Körperstruktur, Funktionalität und Leistungsfähigkeit in verschiedenen Rehabilitationsfachbereichen und Altersgruppen. So gehen wir zum Beispiel der Frage nach, wie der Ernährungszustand und die Muskelqualität den Therapieerfolg nachhaltig beeinflussen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Mangelernährung und Sarkopenie in rehabilitativen Settings zu schärfen und den Bedarf an personalisierten Rehabilitationsprogrammen aufzuzeigen.

Univ.-Prof. Dr.Dr. Barbara Prüller-Strasser, MPH

Leitung

DDr. Vincent Grote

Leiter

1
Institute Director
1
Administrative Manager
6
Research Group Leader
1
Senior Researcher
1
Post-Doc
2
Pre-Doc
1
Research Student
1
Senior Technician
1
Senior Assistant
1
Assistant

Partner

Physiko- und Rheumatherapie Institut Physikalische Medizin (AT)
VAMED Management und Service GmbH (AT)
Stand: Mai 2024

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Ugo CarraroUniversity of Padua (IT)
Prof. Dr. Matthias FinkKlinik für Rehabilitationsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover (DE)
Prof. Francesca GimiglianoUniversity of Campania „Luigi Vanvitelli“, Neapel (IT)
Stand: Mai 2025