Die leukämische Stammzelle:
Das ultimative Ziel am Weg zur Langzeitheilung

LBI für Hämatologie und Onkologie

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine maligne Erkrankung des blutbildenden Systems und die häufigste akute Leukämie Erwachsener. AML ist mit Chemotherapie und/oder hämatopoetischer Stammzell-Transplantation gut behandelbar. Trotzdem entwickeln einige Patient:innen verschiedene Arten von Resistenzen gegenüber Chemotherapien. Am LBI für Hämatologie und Onkologie (LBI HO) wird mit verschiedenen pharmakologischen Substanzen an der Überwindung dieser Resistenzen geforscht.

Für die meisten AML-Patient:innen stehen potenziell heilende Behandlungsoptionen zur Verfügung, einschließlich hochdosierter Chemotherapie und Stammzell-Transplantation. Jedoch können nicht alle Patient:innen geheilt werden, selbst wenn sie mit intensiven Therapien behandelt werden.

Die AML ist eine hämatopoetische Stammzell-Erkrankung, welche sich durch die unkontrollierte Expansion von unreifen klonalen Vorläuferzellen (Blasten) im Knochenmark und im peripheren Blut auszeichnet. Der klinische Verlauf und die Prognose bei AML variieren je nach WHO-Variante, Alter, Begleiterkrankungen, zytogenetischen und molekularen Merkmalen sowie Ansprechen auf die Therapie. Für die meisten AML-Patient:innen stehen potenziell heilende Behandlungsoptionen zur Verfügung, einschließlich hochdosierter Chemotherapie und Stammzell-Transplantation. Jedoch können nicht alle Patient:innen geheilt werden, selbst wenn sie mit intensiven Therapien behandelt werden. Ein besonderes Problem dabei stellt die Resistenz der leukämischen Stammzellen gegenüber antileukämischen Therapien dar. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass bestimmte epigenetische Moleküle und Signalwege hier eine Rolle spielen, wie die BRD4-MYC-Achse.

Unser Team am LBI HO begann daher mit Versuchen, die BRD4-MYC-Achse zu blockieren, mit dem Ziel, die Resistenz der leukämischen Stammzelle zu überwinden. BRD4 gehört zur Familie der BET-Proteine, die als Chromatin-Reader fungieren, indem sie an spezielle DNA-Abschnitte binden und die Genexpression von Onkogenen, wie zum Beispiel MYC, fördern. „In Vorversuchen konnten wir zeigen, dass das Protein BRD4 vermehrt in leukämischen Stammzellen der AML exprimiert wird“, erläutert Karin Bauer, eine Postdoc-Forscherin im Labor des LBI HO.

Daher wurden im nächsten Schritt verschiedene BRD4-Inhibitoren, welche die Funktion des Proteins blockieren, und BRD4-Degrader, welche helfen, das BRD4-Protein rasch abzubauen, ausgetestet. Im Labor des LBI HO wird sowohl mit verschiedenen Leukämie-Zelllinien als auch mit primären leukämischen Stammzellen gearbeitet. Interessanterweise zeigten in diversen Experimenten, welche das Wachstumsverhalten der AML-Zellen untersuchten, die BRD4-Degrader eine deutlich bessere Wirkung als der BRD4-Blocker.

Wo liegen nun mögliche Vorteile der BRD4-Degrader? Es handelt sich um eine neue Klasse von Medikamenten, welche extrem rasch und komplett bestimmte Zielproteine in entarteten Zellen eliminieren können. Ein weiterer Vorteil dieser BRD4-Degrader ist, dass sie auch wirkungsvoller in der Bekämpfung unterschiedlichster Arten von Resistenzmechanismen der AML-Stammzelle sind.

Einer dieser Resistenzmechanismen ist die sogenannte Nischen-Resistenz. Hier schützt das Knochenmark („Nische“) die leukämische Stammzelle vor Chemotherapie und zielgerichteten antileukämischen Medikamenten. Interessanterweise zeigten die Ergebnisse aus dem Labor des LBI HO, dass BRD4-Degrader die Nischenresistenz der AML-Stammzellen wirkungsvoller überwinden können als BRD4-Inhibitoren.

Bei der Überwindung der sogenannten immunologischen Resistenz erzielten BRD4-Degrader ebenfalls bessere Ergebnisse als der funktionelle BRD4-Inhibitor. Bei der immunologischen Resistenz schützen sich die Leukämiezellen durch die Expression eines Proteins (PD-L1), welches die Immunreaktion von Immunzellen gegenüber den Leukämiezellen stoppt. Unser Team im LBI HO konnte auch hier beweisen, dass die BRD4-Degrader die Expression dieses Proteins stärker verhindern als der BRD4-Inhibitor.

Die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse mit BRD4-Degradern in AML-Zellen wurden 2024 in der Fachzeitschrift „American Journal of Hematology“ publiziert.

Highlights

© LBG

OneHealth - Mensch und Tier

Der Kick Off zur Gründung eines Comparative Medicine Clinical Trial Consortium (CMCTC) erfolgte im Jahr 2024. Dieses Koordinationszentrum für EU-weite klinische Studien in Veterinärpatienten hat das Ziel die Entwicklung von innovativen Therapien mit Nutzen für Mensch und Tier zu fördern.

© MedUni Wien

Vienna Cancer Stem Cell Meeting 2024

Das LBI HO organisierte gemeinsam mit der MedUni Wien das Wiener Stammzellmeeting 2024. Nationale und internationale Expert:innen stellten neueste Entwicklungen im Bereich der personalisierten und Präzisionsmedizin im Feld der Krebsstammzellforschung dar.

© LBG

Karrieresprung

Daniel Ivanov hat seinen PhD mit Auszeichnung abgeschlossen und bleibt dem LBI HO als Senior Scientist erhalten.

Open Innovation in Science im LBI HO forciert

Open Innovation in Science wird am LBI HO gezielt vorangetrieben – insbesondere in den Bereichen Psychoonkologie, Patient:innenzufriedenheit sowie der Erforschung des Einflusses patient:innenspezifischer Faktoren auf den klinischen Verlauf und die Prognose bei hämatologischen Erkrankungen und Krebserkrankungen.

Ausgewählte Publikationen

Tumor necrosis factor α promotes clonal dominance of KIT D816V+ cells in mastocytosis: role of survivin and impact on prognosis. Greiner G, Witzeneder N, Klein K, Tangermann S, Kodajova P, Jaeger E, Ratzinger F, Gerner MC, Jawhar M, Baumgartner S, Fruehwirth K, Schmetterer KG, Zuber J, Gleixner KV, Mayerhofer M, Schwarzinger I, Simonitsch-Klupp I, Esterbauer H, Baer C, Walter W, Meggendorfer M, Strassl R, Haferlach T, Hartmann K, Kenner L, Sperr WR, Reiter A, Sexl V, Arock M, Valent P, Hoermann G

Blood. 2024 Mar 14;143(11):1006-1017. doi: 10.1182/blood.2023020515. PMID: 38142424.

BRD4 degraders may effectively counteract therapeutic resistance of leukemic stem cells in AML and ALL. Bauer K, Hauswirth A, Gleixner KV, Greiner G, Thaler J, Bettelheim P, Filik Y, Koller E, Hoermann G, Staber PB, Sperr WR, Keil F, Valent P

Am J Hematol. 2024 Sep;99(9):1721-1731. doi: 10.1002/ajh.27385. Epub 2024 Jun 1. PMID: 38822666.

Harmonization of Diagnostic Criteria in Mastocytosis for Use in Clinical Practice: WHO vs ICC vs AIM/ECNM. Valent P, Hartmann K, Hoermann G, Reiter A, Alvarez-Twose I, Brockow K, Bonadonna P, Hermine O, Niedoszytko M, Carter MC, Butterfield JH, Siebenhaar F, Zanotti R, Radia DH, Castells M, Sperr WR, Broesby-Olsen S, Triggiani M, Schwartz LB, George TI, Gülen T, Sotlar K, Gotlib J, Galli SJ, Horny HP, Metcalfe DD, Orfao A, Arock M, Akin C

J Allergy Clin Immunol Pract. 2024 Dec;12(12):3250-3260.e5. doi: 10.1016/j.jaip.2024.08.044. Epub 2024 Aug 30. PMID: 39216803.

Das Team

Es ist faszinierend, wie die Kombination von Grundlagen- und translationaler Forschung zur Entwicklung innovativer Therapieansätze beitragen kann. Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft bietet den idealen Rahmen für diese Kombination. Am Institut für Hämatologie und Onkologie arbeite ich seit zwei Jahren an der phänotypischen und funktionellen Charakterisierung von leukämischen Stammzellen und Mastzellen. Ich freue mich, dass meine Arbeit zur Identifizierung neuer Marker dazu beiträgt, das Verständnis für leukämische Erkrankungen zu vertiefen und die Therapie für betroffene Patient:innen zu verbessern.

Senior PostdocDr. Narges Aghaallaei

Leitung

Univ.-Prof. Dr. Peter Valent

Leiter

Dr. Emir Hadzijusufovic

Administrativer Manager

8
Key-Researcher:innen
19
Postdocs
6
PhD-Student:innen/Dissertant:innen
8
Wissenschaftliche Fachkräfte
30
Wissenschaftliches Forschungspersonal
3
Administratives Personal

Partner

Medizinische Universität Wien (AT)
Veterinärmedizinische Universität Wien (AT)
Österreichische Gesundheitskasse (AT)
St. Anna Kinderkrebsforschung (AT)
Munich Leukemia Laboratory (DE)
IHR LABOR (AT)
TissueGnostics GmbH (AT)
Wiener Gesundheitsverbund (AT)
Stand: Mai 2024

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Kimmo PorkkaHelsinki University Hospital Comprehensive Cancer Center (FIN)
Prof. Michel ArockPitié-Salpêtrière University Hospital und ENS Paris Saclay (FR)
Prof. Cem AkinUniversity of Michigan (USA)
Stand: Mai 2025