Protein Profiling in Plaques

LBI für Kardiovaskuläre Forschung

Gefäßverkalkung ist eine der Hauptursachen für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Am LBI für Kardiovaskuläre Forschung wurden in Kooperation mit dem King’s College und der MedUni Wien 120 Plaque-Proben, die aus verengten Halsschlagadern entfernt wurden, einer Proteom-Analyse unterzogen. Dabei wurden auch geschlechtsspezifische Unterschiede aufgedeckt.

Die Gefäßverkalkung oder Atherosklerose ist eine alte Bekannte unter den Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Verengte Blutgefäße und sich daraus lösende Ablagerungen sind typische Auslöser für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Diese gehören wiederum zu den häufigsten Todesursachen von Erwachsenen in Europa und den USA. Die zugrundeliegende Erkrankung hat viele Ursachen – darunter verbreitete Risikofaktoren wie hohe Blutfettwerte, Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel – und schreitet langsam voran. Es kommt an der Innenwand der Arterien zu Ablagerungen, Plaques genannt. Diese bauen sich langsam auf, triggern Entzündungsprozesse und die dauerhafte Veränderung der Gefäßzellen führt zu Kalkablagerungen.

Ein Team am LBI für kardiovaskuläre Forschung begann 2015 mit Protein-Profiling in atherosklerotischen Plaques. In Kooperation mit dem King’s College wurden in einem Zeitraum von fünf Jahren von 120 Patient:innen 219 Proben aufbereitet, die im Zuge von Operationen an der Halsschlagader entfernt werden mussten. Diese Gewebeproben wurden in London einer Proteom-Analyse unterzogen und so sämtliche aktiven Proteine im Verhältnis zueinander bestimmt. Stefan Stojkovic, forschender Kardiologe am AKH Wien, war federführend an der bis dato größten Studie zum Thema beteiligt: „Wir hatten zehnmal so viele Proben wie bisher. Davon ein Drittel von Patientinnen und zwei Drittel von Patienten.“ Dieses Verhältnis entspricht den Erfahrungswerten bei der Prävalenz, wonach Männer häufiger von Atherosklerose betroffen sind als Frauen. Die internationale Vernetzung mit Forscher:innen im Fachgebiet – neben Johann Wojta und Manuel Mayr an der MedUni Wien auch Konstantinos Theophilatos vom King’s College London – ermöglichte das Vorhaben.

 

Traditionell waren Frauen in der kardiovaskulären Forschung lange unterrepräsentiert. Stefan Stojkovic vermutet, dass mehrere Studien bisher einen Bias hatten. Für Atherosklerose wurde angenommen, dass die entzündlichen Plaques die gefährlicheren sind, da sie auch Komplikationen wie Schlaganfälle bedingen. Das stimmt, aber eben vor allem für Männer. Die kalzifizierten Plaques galten als stabiler und sie kommen bei Männern weniger häufig vor.

Die große Proteom-Studie am LBI für Kardiovaskuläre Forschung zeigt zum ersten Mal, dass für Frauen die kalzifizierten Plaques prognostisch relevant und mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert sind. Das Profiling in den Protein-Netzwerken der Plaques förderte 2023 also wichtige geschlechtsspezifische Unterschiede zutage. Diese sollten sich auch in der Behandlung niederschlagen. Als Beispiel dafür dient etwa der Herzinfarkt. Bei Männern wurde er als Brustschmerz, der in den Arm ausstrahlt, stets gut erkannt. Bei Frauen, so weiß man heute, äußert sich ein Herzinfarkt eher als Magen- oder Rückenschmerzen. In Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen möchte der Arzt und Forscher gar nicht mehr von typischen und atypischen Mustern sprechen: „Es sind andere Manifestationen der gleichen Erkrankung.“

Stefan Stojkovic beschreibt, wie die Datensätze in mühevoller Kleinarbeit von den Forschenden ausgewertet wurden: „Aus der Analyse haben wir nicht nur erfahren, welche Proteine in den Plaques vorkommen, sondern auch Netzwerke identifiziert. Nach und nach haben wir mögliche Interaktionen aus der Vielzahl von Proteinen herausgelesen und zwei Netzwerke – eines für die Entzündung, eines für die Verkalkung – festgemacht, die das Risiko für kardiovaskuläre Mortalität vorhersagen können.“ Daraus schließt der Kardiologe, dass Frauen mit kalzifizierten Plaques aufgrund des vermeintlich geringeren Risikos unterbehandelt sein könnten. Eine Assoziation der kalzifizierenden Proteinnetzwerke mit weiblichen Geschlechtshormonen liegt nahe. Wenn diese also bei Frauen auftreten, „müssen wir sie engmaschig kontrollieren und die Therapie optimieren“.

 

Atherosklerose ist eine systemische Erkrankung. Das bedeutet, „dass die Gefäße im Körper gleichermaßen betroffen sein können. Wer an der verlegten und verklebten Karotis operiert werden muss, hat vermutlich auch Verengungen in den Herzkranzgefäßen oder den Beinarterien“, so der forschende Kardiologe. Wichtig ist natürlich auch zu wissen, dass der Verlauf der Erkrankung durch Veränderungen im Lebensstil und optimale Therapie in jedem Stadium verlangsamt werden kann. Stefan Stojkovic findet, dass jede Studie genauso viele Fragen aufwerfen sollte, wie sie beantwortet hat. Der nächste logische Schritt ist für ihn, Marker im Blut zu bestimmen, welche die Entwicklungsprozesse in den Plaques widerspiegeln. Und zwar bevor eine Operation notwendig wird.

Highlights

Eingeladene Vorträge

Kurt Huber war Key Lecturer am Präventionskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in Athen und am Journal of Heart Failure Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie in Lissabon
Atilla Kiss war eingeladener Sprecher am Jahreskongress der Ungarischen Gesellschaft für Chirurgie in Siofok, und am Jahreskongress der Ungarischen Gesellschaft für Pharmakologie in Matfrafured.
Francesco Moscato war eingeladener Sprecher bei der 46. Konferenz der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Forschung in Schladming, am 49. Jahreskongress der the Europäischen Gesellschaft für Künstliche Organe in Bergamo, am Hybrid Cerebrovascular Surgery and Intervention Symposium in Wien, und bei der Jahreskonferenz des Österreichischen Clusters Geweberegeneration Annual Conference in Linz.
Heinz Schima war eingeladener Sprecher am Japanischen Kongress für Künstliche Organe IJAO2023 in Tokyo.

Berufungen

Daniel Zimpfer wurde zum Leiter der Klinik für Herzchirurgie an der Medizinischen Universität Wien berufen.
Dominik Wiedemann wurde zum Leiter der Klinik für Herzchirurgie am Universitäts-Klinikum St. Pölten berufen.

Preise

Sabrina Rohringer erhielt den PhD-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Forschung, den Preis für die besten Präsentationen beim PhD-Symposium der Medizinischen Universität Wien und beim Jahrestreffen des Clusters für Kardiovaskuläre Forschung der Medizinischen Universität Wien sowie den Preis für das beste Abstract bei der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Forschung.

Positionen in Gesellschaften

Kurt Huber war Präsident der Association for Acute Cardiovascular Care der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.
Attila Kiss war Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Experimentelle Chirurgie.
Johann Wojta war Vorsitzender des Councils on Basic Cardiovascular Science der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.

Sonstiges

Kurt Huber war Vizedekan für Forschung an der Sigmund Freud Universität in Wien
Heinz Schima war Co-Tagungsvorsitzender des Weltkongresses für künstliche Organe ISAO/ESAO 2023 in Bergamo

Ausgewählte Publikationen

Biodegradable, Self-Reinforcing Vascular Grafts for In Situ Tissue Engineering Approaches. Rohringer S, Grasl C, Ehrmann K, Hager P, Hahn C, Specht SJ, Walter I, Schneider KH, Zopf LM, Baudis S, Liska R, Schima H, Podesser BK, Bergmeister H

Adv Healthc Mater. 2023 Sep;12(23):e2300520. doi: 10.1002/adhm.202300520

Generative adversarial networks in electrocardiogram synthesis: Recent developments and challenges. Berger L, Haberbusch M, Moscato F

Artif Intell Med. 2023 Sep;143:102632. doi: 10.1016/j.artmed.2023.102632

It's not only the pump: Assessment of human factors of wearable components and user experience of patients with left ventricular assist devices. Schlöglhofer T, Grausenburger AS, Widhalm G, Haberl L, Suda W, Schwingenschlögl H, Riebandt J, Laufer G, Wiedemann D, Moscato F, Zimpfer D, Schima H

J Heart Lung Transplant. 2023 Apr;42(4):466-477. doi: 10.1016/j.healun.2022.12.015

Neuregulin-1β Improves Uremic Cardiomyopathy and Renal Dysfunction in Rats. Sárközy M, Watzinger S, Kovács ZZA, Acar E, Márványkövi F, Szűcs G, Lauber GY, Galla Z, Siska A, Földesi I, Fintha A, Kriston A, Kovács F, Horváth P, Kővári B, Cserni G, Krenács T, Szabó PL, Szabó GT, Monostori P, Zins K, Abraham D, Csont T, Pokreisz P, Podesser BK, Kiss A

JACC Basic Transl Sci. 2023 May 31;8(9):1160-1176. doi: 10.1016/j.jacbts.2023.03.003

Takotsubo syndrome before and during the COVID-19 pandemic in Austria: a retrospective cohort study (TOSCA-19). Pogran E, Zweiker D, Gargiulo L, El-Razek AA, Lechner I, Vosko I, Rechberger S, Bugger H, Christ G, Bonderman D, Kunschitz E, Zirlik A, Bauer A, Metzler B, Lambert T, Steinwender C, Huber K

ESC Heart Fail. 2023 Dec;10(6):3667-3676. doi: 10.1002/ehf2.14536

Das Team

2023 war wieder ein äußerst erfolgreiches Jahr für das Ludwig Boltzman Institut für Kardiovaskuläre Forsch belegt durch unsere zahlreichen Publikationen in hochrangigen internationalen Journalen und durch die Präsenz von Mitarbeiter:innen des Instituts bei nationalen und internationalen Kongressen und in leitenden Positionen in renommierten Fachgesellschaften.

LeiterUniv.-Prof. Dr. Johann Wojta

Leitung

Univ.-Prof. Dr. Johann Wojta

Leiter

Univ.-Prof. Heinrich Schima PhD

Stv. Leiter

14
Key-Researcher:innen
3
Postdocs
13
PhD-Student:innen/Dissertant:innen
8
Diplomand:innen/Masterstudent:innen
3
Bachelorstudent:innen
2
Wissenschaftliches Forschungspersonal
6
Administratives Personal
1
Sonstiges Personal

Partner

Medizinische Universität Wien (AT)
Wiener Gesundheitsverbund (AT)
Stand: Mai 2024

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Lina BadimonInstitut Català de Ciències Cardiovasculars IR, Hospital de la Santa Creu i Sant Pau, Barcelona (ESP)
Prof. Ulrich SteinseiferRWTH Aachen University (DE)
Prof. Bart MeynsKU Leuven (BE)
Stand: Mai 2024

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