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Den Druck herausnehmen
LBI für LungengefäßforschungLungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) tritt oft infolge chronischer Lungenerkrankungen auf. Wenn die Blutgefäße in der Lunge sich durch Muskelaufbau zunehmend verengen, muss das Herz in weiterer Folge immer härter arbeiten. Ein Team um Slaven Crnkovic erforscht mit Modellorganismen und Gewebe aus der Biobank des LBI für Lungengefäßforschung in Graz, was den Gefäßumbau bremsen könnte.
Die Symptome sind anfangs für Betroffene und Angehörige schwer einzuordnen. Wer Mühe beim Stiegensteigen hat oder immer wieder müde ist, macht sich zunächst meist wenig Gedanken. Mit fortschreitendem Lungenhochdruck kommt es jedoch auch ohne körperliche Anstrengung zu Atemnot und verminderter Leistungsfähigkeit. Bei der pulmonalen Hypertonie ist der arterielle Blutdruck im Lungenkreislauf krankhaft erhöht, oft infolge chronischer Lungenerkrankungen (z.B. COPD oder Lungenfibrose). Es gibt aber auch Fälle ohne bekannten konkreten Auslöser. Zudem vergrößert sich der rechte Ventrikel im Herzen, um gegen die verengten Gefäße anzuarbeiten und das Blut vom Herzen zur Lunge zu transportieren.
Ein Team um Slaven Crnkovic hat am LBI für Lungengefäßforschung am Med Campus Graz untersucht, wie der Gefäßumbau als treibender Mechanismus auf Ebene der Zellen vonstattengeht. Die Blutgefäße bestehen aus Endothelzellen, die von glatten Muskelzellen ummantelt werden. Bei einer pulmonalen Hypertonie baut sich auch um kleinere Gefäße eine dickere Muskelschicht auf und verengt diese dadurch. In mehreren Schritten wurde versucht, das am Umbau beteiligte Ephrin-Signalsystem im Tiermodell zu beeinflussen. Es ist bekannt, dass in der Embryonalentwicklung von Säugetieren eine Paarstruktur, bestehend aus einem Liganden und einem Rezeptor, das Leitsystem für die Gefäße bildet. In Wechselwirkung miteinander geben sie den beteiligten Zellen Anweisungen, wo sie hingehören und was sie tun müssen. Nun wurden die Gefäßveränderungen bei pulmonaler Hypertonie erstmals in lebenden Organismen beobachtet. Dafür wurde mit erwachsenen Mäusen gearbeitet.
Im ersten Versuchsansatz wurde getestet, ob das molekularbiologische Entfernen des Liganden (Ephrin-B2) verhindert, dass Muskelzellen die Gefäßzellen verstärkt ummanteln. Doch dem war nicht so. Der Grund dafür ist wohl, dass Muskelzellen nicht isoliert, sondern in Kontakt mit anderen Zelltypen den Gefäßumbau betreiben. Der nächste Versuchsansatz arbeitete mit einem Hypertonie-Mausmodell, bei dem man den Liganden (Ephrin-B2) in allen Zelltypen ausschaltete. Die erwachsenen Mäuse wiesen eine dünnere Muskelschicht – also weniger Gefäßumbau – auf, aber noch immer einen erhöhten Lungendruck. Im umgekehrten Versuchsaufbau wurde der Rezeptor (EphB4) so manipuliert, dass er keine Signale senden und den Liganden nicht anlocken konnte. Wenn der Rezeptor blockiert war, blieb der Gefäßumbau unbeeinflusst, aber es wurde ein geringerer Lungendruck gemessen.
Was das LBI in der Gefäßforschung so erfolgreich macht, ist eine starke klinische Gruppe mit Expert:innen für pulmonale Hypertonie, die auch forschungsgeleitet arbeiten. Mit einer einzigartigen, seit 2012 am LBI für Lungengefäßforschung in Graz aufgebauten Biobank wurden weitere Tests durchgeführt. Die Datenbank wurde in Kooperation mit der Thoraxchirurgie der MedUni Wien am AKH über die Jahre aufgebaut. Sämtliche Lungentransplantationen in Österreich werden in Wien durchgeführt. Die entfernte „kranke Lunge“ wird „on the rocks“ nach Graz geliefert, um Proben zu entnehmen. Die Sammlung umfasst Lungengewebe, Blut und primäre Lungenzellen. Mit dem Material lässt sich mittels Färbetechniken ein Gefäßumbau histologisch anschauen und die Expressionsmuster, also welche Proteine vermehrt produziert werden, können entschlüsselt werden.
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass Ligand und Rezeptor unterschiedliche Funktionen in den Muskelzellen beeinflussen, sich aber gegenseitig ergänzen. Beide Aspekte sind für die voranschreitende Schädigung bei einer pulmonalen Hypertonie interessant – Ephrin-B2 als neue Therapieoption und EphB4, um Kenngrößen der Durchblutung bei Lungenhochdruck zu verändern. Behandelt wird der Lungenhochdruck bisher mit Medikamenten, die den Gefäßtonus senken, um das Herz weniger zu belasten. Der überwiegende Teil bisher durchgeführter wissenschaftlicher Studien hat ergeben, dass der Gefäßumbau zu höherem Lungendruck führt und nicht umgekehrt.
Wenn es gelänge, den Umbau in den Muskelzellen zu verhindern, würden etliche Patient:innen profitieren. Therapeutisch interessant wären Antagonisten, die vergleichbar manchen Krebstherapien inhaliert oder gespritzt werden und einen Rezeptor pharmakologisch hemmen. In einem Nachfolgeprojekt wird nun die Blockade des Ephrin-Liganden weiterverfolgt und eine passende Andockstelle dafür gesucht.
Highlights
7. Grazer Lungentage - Feierlichkeiten zum 14-jährigen Bestehen des LBI LVR
Im November fanden unter der Mitwirkung des LBI für Lungengefäßforschung die 7. Grazer Lungentage mit über 250 Besuchern in der Aula der Medizinischen Universität Graz statt.
Internationale Referenten*innen sowie Experten*innen aus präklinischen und klinischen Abteilungen der Medizinischen Universität Graz präsentierten ein breites Themenspektrum aus dem Bereich der Lungenforschung. Im Rahmen der Veranstaltung fanden außerdem die Feierlichkeiten zum 14-jährigen Bestehen des LBI für Lungengefäßforschung statt, bei denen die Präsidentin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Freyja-Maria Smolle-Jüttner die außerordentlich erfolgreiche Entwicklung des Instituts präsentierte.
Auszeichnungen im Rahmen der ÖGP Jahrestagung für das LBI-LVR
Bei der 47. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) wurden in Graz, unter der laufenden Präsidentschaft von Gabor Kovcas, Key Reseracher am LBI LVR, unsere Forscher erneut mit zahlreichen Preisen und Fellowships ausgezeichnet.
Katharina Jandl – Michael Neumann Gedächtnispreis
Katharina Jandl wurde für ihre Forschung "Impairment of the NKT-STAT1-CXCL9 axis contributes to vessel fibrosis in PH caused by lung fibrosis" mit dem hochrangigen Michael Neumann Gedächtnispreis prämiert. Zusätzlich wurde sie, wie auch ihre klinische Kollegin Teresa Sassman, mit dem ÖGP Preis für Karriereförderung für Frauen@Pneumologie ausgezeichnet.
Ausgewählte Publikationen
Divergent Roles of Ephrin-B2/EphB4 Guidance System in Pulmonary Hypertension. Crnkovic S, Rittchen S, Jandl K, Gindlhuber J, Zabini D, Mutgan AC, Valzano F, Boehm PM, Hoetzenecker K, Toller W, Veith C, Heinemann A, Schermuly RT, Olschewski A, Marsh LM, Kwapiszewska G
2022 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Humbert M, Kovacs G, Hoeper MM, Badagliacca R, Berger RMF, Brida M, Carlsen J, Coats AJS, Escribano-Subias P, Ferrari P, Ferreira DS, Ghofrani HA, Giannakoulas G, Kiely DG, Mayer E, Meszaros G, Nagavci B, Olsson KM, Pepke-Zaba J, Quint JK, Rådegran G, Simonneau G, Sitbon O, Tonia T, Toshner M, Vachiery JL, Vonk Noordegraaf A, Delcroix M, Rosenkranz S; ESC/ERS Scientific Document Group
Endotyping COPD: hypoxia-inducible factor-2 as a molecular "switch" between the vascular and airway phenotypes?. Myronenko O, Foris V, Crnkovic S, Olschewski A, Rocha S, Nicolls MR, Olschewski H
Basement membrane product, endostatin, as a link between inflammation, coagulation and vascular permeability in COVID-19 and non-COVID-19 acute respiratory distress syndrome. Jandl K, Berg JL, Birnhuber A, Fliesser E, Borek I, Seeliger B, David S, Schmidt JJ, Gorkiewicz G, Zacharias M, Welte T, Olschewski H, Heinemann A, Wygrecka M, Kwapiszewska G
Pentastatin, a matrikine of the Collagen IVa5, is a novel endogenous mediator of pulmonary endothelial dysfunction. Mutgan AC, Jandl K, Radic N, Valzano F, Kolb D, Hoffmann J, Foris V, Wilhelm J, M Boehm P, Hoetzenecker K, Olschewski A, Olschewski H, Heinemann A, Wygrecka M, Marsh LM, Kwapiszewska G
Das Team
Leitung
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Grazyna Kwapiszewska-Marsh
Leiterin
Univ.-Prof. Dr. Horst Olschewski
Stv. Leiter