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Neuer Anwendungsbereich
für Pirfenidon?
LBI für LungengefäßforschungPirfenidon wird seit rund zehn Jahren erfolgreich zur Behandlung idiopathischer Lungenfibrose eingesetzt. Zwar kann es die schwere Krankheit nicht heilen, aber das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Hat Pirfenidon auch auf andere Formen der Lungenfibrose einen positiven Effekt? Am LBI für Lungengefäßforschung wurde Pirfenidon bei Sklerodermie-induzierter Lungenfibrose im Mausmodell untersucht.
Von einer Lungenfibrose spricht man, wenn entzündetes Lungengewebe in Bindegewebe umgebaut wird. Das Gewebe zwischen den Lungenbläschen verhärtet und vernarbt, es fibrosiert. Der Begriff Lungenfibrose umfasst 200 verschiedene Lungenerkrankungen – die Ursachen bzw. zugrundeliegenden Erkrankungen sind unterschiedlich. Die Hälfte aller Patient:innen erkrankt an idiopathischer Lungenfibrose, also jener Form, bei der Entstehung und Ursache unklar sind. Patient:innen leiden unter Atembeschwerden, ihre Lungenfunktion nimmt stetig ab. Die aggressive Krankheit schreitet schnell voran und hat eine schlechte Prognose.
Pirfenidon verlangsamt die Vernarbungsprozesse der Lunge und stabilisiert dadurch die Lungenfunktion. Bei Sklerodermie-induzierter Lungenfibrose sind die Symptome ähnlich. Die Grunderkrankung, die systemische Sklerose, kann Haut, Muskeln und verschiedene innere Organe betreffen, zudem zeigt sich eine entzündliche und narbige Veränderung des Lungengewebes oft schon früh im Krankheitsverlauf. Dann kommt es zu Lungenhochdruck und Lungenfibrose. Patient:innen sind kurzatmig, husten vermehrt, ihre Lungenfunktion verschlechtert sich, die Lebenserwartung sinkt. Noch sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt, die Therapie beschränkt sich hauptsächlich auf systemische Immunsuppression.
Anna Birnhuber und ihr Team am LBI für Lungengefäßforschung untersuchen die Krankheitsmechanismen der Sklerodermie-induzierten Lungenfibrose, um mehr über die Entstehung der Krankheit zu erfahren und neue Therapieansätze zu erforschen. In ihrer Studie „Pirfenidone exacerbates Th2-driven vasculopathy in a mouse model of Ssc-ILD“ analysierten die Wissenschaftler:innen, ob Pirfenidon bei Sklerodermie-induzierter Lungenfibrose dieselben positiven Effekte erzielen kann wie bei idiopathischer Lungenfibrose.
„Patient:innen und Mausmodell zeigen dieselben Krankheitsausprägungen bei systemischer Sklerose, wie frühe Veränderungen des Gefäßsystems, Gefäßumbau, Entwicklung von pulmonaler Hypertonie und systemischer Entzündung sowie Fibrose der Haut und anderer innerer Organe“, erklärt Anna Birnhuber. Deshalb sei das Mausmodell ideal, um Arzneimittel zu testen. Für die Studie bekamen weibliche Fra-2-transgene Mäuse und ihre Wildtyp-Wurfgeschwister acht Wochen lang Futter, das mit Pirfenidon versetzt wurde. Im Vergleich zu Mäusen mit Standardfutter verschlechterte die Pirfenidon-Behandlung die Lungenfunktion bei Fra-2-TG-Mäusen. Messungen ergaben einen erhöhten Kollagenspiegel. Die Konzentration von Entzündungszellen in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit wurde durch Pirfenidon weiter verstärkt. Veränderungen im Lungengewebe wurden durch erhöhte Eosinophilspiegel dominiert, die Genexpression und der Proteinspiegel von Interleukin-4 in den Lungen war erhöht. Im Gegensatz dazu beeinflusste das antifibrotische Medikament beim Wildtier-Mausmodell weder die Lungenfunktion noch die Lungenarchitektur, die Kollagenablagerung oder die Gefäßmuskulatur.
Daraus schlussfolgern Anna Birnhuber und ihr Team, dass Entzündungsprozesse wesentliche Faktoren bei der Entwicklung von Lungenfibrose im Mausmodell darstellen. „Pirfenidon führt im Sklerodermie-Modell zu zusätzlichen Verletzungen der Endothelzellen und damit zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Blutgefäße“, erklärt Birnhuber, und weiter: „Dadurch wandern vermehrt Entzündungsquellen in das Lungengewebe und verschlechtern die Lungenfibrose.“ Da Endothelzellen bei systemischer Sklerose bereits durch spezifische Entzündungsprozesse und Entzündungsmediatoren geschädigt sind, kann eine Behandlung mit Pirfenidon kontraproduktiv sein.
Highlights
LBI LVR Scientific Meeting
Im April 2022 fand das LBI LVR Scientific Meeting mit dem Titel „The lung between damage, repair and remodelling“ in der Aula der Med Uni Graz statt. Internationale Speaker, wie Wolfgang Kübler, Don Sin, Anna Hemnes, Irina Petrache und Janette Burges, lieferten interessante und wertvolle Einblicke in die Lungenforschung.
Aktualisierte ESC/ERS-Leitlinien für Diagnose und Behandlung der pulmonalen Hypertonie
Prof. Dr. med. univ. Gabor Kovacs, Key-Researcher am LBI LVR, wirkte entscheidend bei der Erstellung der neuen ESC/ERS-Leitlinien für die Diagnose und Behandlung der pulmonalen Hypertonie mit. Er leitete die Arbeitsgruppe zur pulmonalen Hämodynamik.
Sub-Auspiciis-Promotion
Univ. Ass. Sonja Rittchen, PHD feierte an der Med Uni Graz ihre Promotion unter den Auspizien des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Sie beendete ihr PhD-Studium Molecular Inflammation (DK-MOLIN) mit Höchstleistungen. Ihr Forschungsfokus liegt auf dem Immunsystem – speziell auf Atemwegskrankheiten und jene Zellen, die zur Entstehung von akuten Entzündungsreaktionen in der Lunge beitragen.
Ausgewählte Publikationen
Pirfenidone exacerbates Th2-driven vasculopathy in a mouse model of SSc-ILD. Birnhuber A, Jandl K, Biasin V, Fließer E, Valzano F, Marsh LM, Krolczik C, Olschewski A, Wilhelm J, Toller W, Heinemann A, Olschewski H, Wygrecka M, Kwapiszewska G
Low oxygen levels decrease adaptive immune responses and ameliorate experimental asthma in mice. Hochgerner M, Sturm EM, Schnoegl D, Kwapiszewska G, Olschewski H, Marsh LM
Impairment of the NKT-STAT1-CXCL9-axis Contributes to Vessel Fibrosis in Pulmonary Hypertension Due to Lung Fibrosis. Jandl K, Marsh LM, Mutgan AC, Crnkovic S, Valzano F, Zabini D, Hoffmann J, Foris V, Gschwandtner E, Klepetko W, Prosch H, Flick H, Brcic L, Kern I, Heinemann A, Olschewski H, Kovacs G, Kwapiszewska G
Severe Pulmonary Hypertension in COPD: Impact on Survival and Diagnostic Approach. Kovacs G, Avian A, Bachmaier G, Troester N, Tornyos A, Douschan P, Foris V, Sassmann T, Zeder K, Lindenmann J, Brcic L, Fuchsjaeger M, Agusti A, Olschewski H
Potassium Channels in the Transition from Fetal to the Neonatal Pulmonary Circulation. Nagaraj C, Li Y, Tang B, Bordag N, Guntur D, Enyedi P, Olschewski H, Olschewski A
Das Team
Leitung
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Grazyna Kwapiszewska-Marsh
Leiterin
Univ.-Prof. Dr. Horst Olschewski
Stv. Leiter