Renaissance
auf Englisch

LBI für Neulateinische Studien

Basinio da Parma ist einer der wichtigsten Dichter des 15. Jahrhunderts, dennoch ist der Italiener in Vergessenheit geraten. Dabei hat er in seiner kurzen Lebenszeit ein beträchtliches Œuvre geschaffen. Sein Hauptwerk „Hesperis“ war das erste fertiggestellte, klassisch inspirierte, große Epos der Renaissance. Jetzt ist es erstmals ins Englische übersetzt worden – am LBI für Neulateinische Studien.

Simon Smets spricht vor einer Gruppe von Zuhörer:innen
Simon Smets, Wissenschaftler am LBI für Neulateinische Studien, hat erstmals Basinio da Parmas Hauptwerk „Hesperis“ ins Englische übersetzt.

Seit 2018 untersuchen Florian Schaffenrath und sein Team Leben und Werk des außergewöhnlichen Dichters. Hauptgegenstand ihrer Forschungsarbeit ist das neulateinische Epos „Hesperis“, das von den militärischen Unternehmungen und mythologischen Begegnungen Sigismondo Malatestas erzählt. In 13 Büchern berichtet Basinio da Parma von den Feldzügen des „Wolfs von Rimini“ gegen König Alfons V. von Aragon und seinem Nachkommen Ferrante, dem späteren König von Neapel und Sizilien. Neben den umfangreichen Beschreibungen der sogenannten Toskanakriege spielt ein großer Teil der Handlung im mythologischen Raum. Sigismondo, von den Göttern begünstigt, reist etwa zur Insel der Glückseligen, um seinen Vater in der Unterwelt zu treffen. Das Epos endet mit dem Bau des Tempio Malatestiano, der Kathedrale in Rimini. „Die Hesperis gehört zu den historischen Epen, in denen reale Ereignisse auf poetische Weise erzählt werden“, erklärt Simon Smets, Wissenschaftler am LBI für Neulateinische Studien. Es sei nicht immer einfach, herauszufinden, was poetische Erfindung und was Realität sei, so der Literaturwissenschaftler weiter. Mithilfe zeitgenössischer Quellen wie Chroniken, Briefen und notariellen Dokumenten verglich Smets die historischen Ereignisse mit dem Epos. Obwohl die „Hesperis“ ein Lobgesang auf Basinios Gönner Malatesta sei, gebe es doch viele historische Details, mit denen sie übereinstimme. Zusätzlich gebe Basinio Einblick in den Alltag der Renaissance.

Wer aber war Basinio da Parma? 1425 in der Nähe von Parma geboren, lernte er als junger Mann Latein und Griechisch. Vor allem die antiken Dichter wie Homer und Vergil beeinflussten den produktivsten neulateinischen Dichter des 15. Jahrhunderts stark, der seinen Lebensunterhalt hauptsächlich als Lehrer und Hofhumanist zuerst in Ferrara, dann in Rimini bestritt. Die Liebe zur Antike spiegelt sich in seinen Werken wider, die dem epischen Genre in der Renaissance einen neuen Aufschwung gaben. Bis zu seinem Tod verfasste Basinio eine Sammlung von Versbriefen, ein Epyllion über den Helden Meleager und ein Lehrgedicht über Astronomie. Sein Hauptwerk „Hesperis“ hat Simon Smets jetzt als Erster ins Englische übersetzt.

„Wir hatten das große Glück, mit dem Autographen zu arbeiten, an dem Basinio vor über 500 Jahren gearbeitet hat“, erzählt Smets. Dadurch erhielten die Wissenschaftler:innen einen einzigartigen Einblick in Basinios Arbeitsweise – einschließlich seiner Streichungen, Korrekturen und Hervorhebungen. Eine englische Übersetzung zu schaffen, die für Leser:innen heute leicht verständlich ist, war laut Smets die größte Herausforderung. Der Text, besonders die Kampfschilderungen, seien teilweise sehr kompliziert geschrieben, zusätzlich habe Basinio neue lateinische Wörter erfunden. Eine genaue Analyse des Textes und sein historisches Verständnis halfen dem Wissenschaftler, die knapp 7.000 Verse zu übersetzen. Begleitet wird die Übersetzung von Smets’ Kommentar, der die historischen Hintergründe beleuchtet und den englischsprachigen Leser:innen Basinios Lebensrealität näherbringt. „Die Hesperis ist das erste große, klassisch inspirierte, fertiggestellte Epos der Renaissance, umso überraschender und erfreulicher war es für mich, dass es noch niemand vor mir ins Englische übersetzt hatte“, erklärt Smets.

Neben der Übersetzung entstanden aus dem vom FWF finanzierten Projekt des LBI für Neulateinische Studien mehrere Artikel und Konferenzbeiträge zu Basinio da Parmas Leben und Arbeiten. Zwei Bücher der „Hesperis“ wurden digitalisiert und die Erkenntnisse zum digitalen Transfer in mehreren Workshops weitergegeben. Demnächst soll eine eigene Publikation erscheinen, in der die Forschungsergebnisse der letzten fünf Jahre zusammengefasst werden.

Highlights

William Barton posiert vor einer Gruppe von Statuen im griechischen Stil

START-Preis

Dr. William Barton erhielt 2022 die START-Exzellenzförderung des Wissenschaftsfonds FWF. Der Altphilologe wird mithilfe von künstlicher Intelligenz neun Bände des verschollen geglaubten, auf Altgriechisch verfassten Tagebuchs des Hellenisten Karl Benedikt Hase entschlüsseln. Damit hofft Barton mehr über dessen Leben und die intellektuelle Kultur des 19. Jahrhunderts zu erfahren.

Die Mitarbeiter:innen des LBI für Neulateinische Studien posieren unter freiem Himmel für ein Gruppenfoto

Congress of the International Association for Neo-Latin Studies

Von 31. Juli bis 5. August 2022 fand der 18. Kongress der IANLS in Leuven, Belgien statt. Alle Forscher:innen des LBI Neulatein hielten Vorträge und präsentierten die Vielfalt der Forschungsprojekte am Institut.

Rhetorica Prize

Dr. Isabella Walser-Bürgler wurde für ihren Artikel „Staging Oratory in Renaissance Germany: The Delivery of Andrés Lagunas’s Europa Heautentimorumene (1543)“ mit dem Rhetorica Prize 2022 ausgezeichnet. Die International Society for the History of Rhetoric vergibt den Preis für den besten Artikel im Fachmagazin Rhetorica alle zwei Jahre.

Ausgewählte Publikationen

The New Discourses of Nation. The Origins of Nationalism in Late Eighteenth-Century Hungary (Parts 1 and 2). Almási, Gábor / Šubarić, Lav

Nations and Nationalism 28,3 (2022), 1–56

Pascasius Justus Turcq. On Gambling. A Critical Edition. Barton, William M. (Hg.)

Ghent 2022

Carolus Quintus. Kaiser Karl V. in der neulateinischen Literatur / L’empereur Charles Quint dans la littérature néo-latine. Schaffenrath, Florian / Laureys, Marc / Leroux, Virginie / Tilg, Stefan (Hg.)

Tübingen 2022 (NeoLatina, 37)

Europe under Attack: Some Thoughts on the Continental Dimension of Marko Marulić’s Epistola ad Adrianum VI. Pontificem Maximum. Walser-Bürgler, Isabella

Colloquia Maruliana 31 (2022), 125–152

Das Team

Die Gemeinschaft der Neulateiner:innen konnte sich endlich wieder im großen Stil im Rahmen der International Association for Neo-Latin Studies treffen, und die Organisatoren in Leuven haben das 50-Jahr-Jubiläum dieses Treffens zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht. Unser LBI konnte sich in diesem Rahmen prächtig präsentieren. Institutsintern ist der Integrationsprozess des LBI in seinen Hauptpartner, die Universität Innsbruck, weiter wie geplant vorangeschritten.

LeiterAssoz. Prof. Dr. Florian Schaffenrath

Leitung

Assoz. Prof. Dr. Florian Schaffenrath

Leiter

Univ.-Ass. Mag. Dr. Lav Šubarić

Stv. Leiter

3
Key-Researcher:innen
7
Postdocs
4
PhD-Student:innen/Dissertant:innen
4
Wissenschaftliches Forschungspersonal
1
Administratives Personal

Partner

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (DE)
Österreichische Nationalbibliothek (AT)
Pontificio Comitato di Scienze Storiche (VA)
Universität Innsbruck (AT)
Stand: Mai 2023

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Sarah Knight, PhDUniversity of Leicester (GB)
Univ.-Prof. Dr. Henk J. M. NellenHuygens Institute Den Haag (NL)
Univ.-Prof. Dr. Dirk SacréKatholieke Universiteit Leuven (BE)
Univ.-Prof. Dr. Robert SeidelJohann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (DE)
Univ.-Prof. Dr. Hermann WiegandRuprecht-Karls-Universität Heidelberg (DE
Stand: Mai 2023

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