Mit qualifizierter
Übergangspflege mobilisieren

LBI for Rehabilitation Research

Wer nach einer Operation oder einem Krankenhausaufenthalt nicht wieder fit ist, beginnt eine stationäre oder ambulante Rehabilitation. Menschen mit Pflegebedarf haben diese Möglichkeit oft nicht. Für sie gibt es kaum Rehabilitationsprogramme. Ein Modellprojekt in Tirol will das ändern.

Inge K. ist 72 Jahre alt und hat sich den Oberschenkelhals gebrochen. Vor ihrem Sturz lebte sie trotz Pflegestufe 3 allein und wurde von einer Heimhilfe im Haushalt und bei der Körperpflege unterstützt. Um nach dem Bruch wieder selbstständig und mobil zu werden, bräuchte Frau K. eine stationäre Rehabilitation, für die sie durch ihren Pflegebedarf und ihren schlechten Allgemeinzustand nach der Operation allerdings nicht in Frage kommt. „In Österreich gibt es eine große Versorgungslücke bei der Rehabilitation von Menschen ab 65 Jahren mit Pflegebedarf nach einem akutstationären Spitalsaufenthalt“, sagt Vincent Grote, stellvertretender Leiter am LBI for Rehabilitation Research. Dabei sei ihre Erfolgsquote nach der Rehabilitation häufig deutlich besser als bei jüngeren Rehabilitationspatient:innen. Statt in die kostenaufwendige Langzeitpflege überstellt zu werden, könnten viele geriatrische Patient:innen wieder mobilisiert und mit verbesserter Lebensqualität nach Hause geschickt werden, so der Wissenschaftler weiter.

In Kitzbühel startete ein Pilotprojekt, das das LBI for Rehabilitation Research seit März 2022 wissenschaftlich begleitet. In Zusammenarbeit mit dem VAMED Rehazentrum Kitzbühel stellt das Altenwohnheim Kitzbühel Betten für die Kurz- und Übergangspflege zur Verfügung. Betagte Patient:innen profitieren rund zwölf Wochen von individuell angepassten Therapien, die ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität verbessern. Ziel ist es, sie wieder zu mobilisieren und damit eine dauerstationäre Pflege zu vermeiden.

„Kitzbühel ist ein idealer Ort für das Modellprojekt, da das Rehazentrum und das Altenwohnheim nebeneinander liegen“, meint Grote. Dadurch entwickeln sich perfekte Synergien in der Pflege und der Rehabilitation der Patient:innen. Ein Altenwohnheim könne es sich nicht leisten, ein Team aus Physio- und Ergotherapeut:innen, Diätolog:innen und Heilmasseur:innen zu beschäftigen, während es in der Rehaklinik keine Ressourcen für Pflegeaufwand gebe, so der Mediziner.

Die Wissenschaftler:innen evaluieren auf Basis von routinemäßiger Datenerfassung Behandlungspfade und Qualitätssicherung. Sie untersuchen, wie der Allgemeinzustand der Patient:innen nach ihrer Entlassung aus dem Spital ist, ob die Patient:innen auf die angebotenen Therapien ansprechen und wie es um ihre Selbstständigkeit und Mobilisierung drei Monate nach ihrer Entlassung steht. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine qualifizierte Übergangspflege ein wichtiges Bindeglied zwischen Aufenthalt im Krankenhaus und geriatrischer Rehabilitation sein könnte – vor allem, wenn diese wegen Pflegebedürftigkeit nicht genützt werden kann. „Unsere Daten zeigen bisher signifikante Verbesserungen in Bezug auf Pflegebedürftigkeit, Lebensqualität und Mobilität der Patient:innen“, erklärt Grote und leitet daraus einen wesentlichen ökonomischen Nutzen für das Gesundheitswesen ab. „Wir sind dabei, einen Behandlungspfad für die frühe Rehabilitation bei geriatrischen Patient:innen zu schaffen, der diese aus der Langzeitpflege in ein selbstständiges Leben zurückholt.“

Das LBI Rehabilitation Research adaptierte für die Studie „Qualifizierte Übergangspflege und Rehabilitation“ seine evidenzbasierte Register-Plattform für Rehabilitation, um auch bei diesem Projekt eine digitale Erfassung der pflegerischen Dokumentation und Behandlungspfade für eine frühe Rehabilitation bei geriatrischen Patient:innen zu schaffen. In Zukunft könnten Therapeut:innen damit österreichweit erfolgreiche Therapieansätze für die eigene Praxis übernehmen. Bis es so weit ist, wird eine Publikation im Herbst 2023 über die Erfolge des Projekts berichten.

Highlights

Publikation: Ambulante pulmonale Rehabilitation bei Patient:innen mit Long COVID-19

Eine personalisierte interdisziplinäre pulmonale Rehabilitation verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität bzw. verringert Atemnot und Erschöpfung von Long-COVID-Patient:innen schon nach sechs Wochen deutlich. Die Ergebnisse der Studie wurden in die Leitlinie „Clinical management of COVID-19“ der WHO aufgenommen, um die Übungsempfehlungen zur Behandlung von Atemnot und Erschöpfung zu begründen.

Ein Mann spricht vor Zuhörer:innen

Open Innovation in Science: „Rehabilitation neu gedacht“

Das OIS-Projekt nützt die Erfahrungen von Patient:innen und Behandler:innen, um die klinische Praxis zu verbessern und eine nachhaltige Rehabilitation für alle Betroffenen sicherzustellen. Gemeinsam identifizieren sie maßgeblich kritische Erfolgsfaktoren für einen guten Therapieerfolg.

Studie: Wirksamkeit der stationären Rehabilitation für Kinder nach einer Krebserkrankung

Die Studie bestätigte die signifikante Verbesserung des Gesundheitszustandes und der körperlichen Leistungsfähigkeit im Heilungsverlauf von Kindern nach einer Krebserkrankung. Gemeinsam mit zehn Partnerorganisationen in Europa, Asien und Australien arbeitet das Institut daran, die gesundheitsbezogene Lebensqualität von krebskranken Kindern zu verbessern.

Ausgewählte Publikationen

Performance Score (T2D) – A New Perspective in the Assessment of Six-Minute Walking Tests in Pulmonary Rehabilitation. Wagner B, Zdravkovic A, Pirchl M, Puhan MA, Zwick RH, Grote V, Crevenna R, Fischer MJ

Diagnostics, 12(10), 2402. https://doi.org/10.3390/diagnostics12102402

Outpatient Pulmonary Rehabilitation in Patients with Long COVID Improves Exercise Capacity, Functional Status, Dyspnea, Fatigue, and Quality of Life. Nopp S, Moik F, Klok FA, Gattinger D, Petrovic M, Vonbank K, Koczulla AR, Ay C, Zwick RH

Respiration. 101(6):593-601. https://doi.org/10.1159/000522118

The Effect of Eccentric vs. Traditional Resistance Exercise on Muscle Strength, Body Composition, and Functional Performance in Older Adults: A Systematic Review With Meta-Analysis. Čretnik K, Pleša J, Kozinc Ž, Löfler S, Nejc Šarabon N

Front. Sports Act. Living. https://doi.org/10.3389/fspor.2022.873718

Associations between Patient-Reported and Clinician-Reported Outcome Measures in Patients after Traumatic Injuries of the Lower Limb. Bily W, Jauker J, Nics H, Grote V, Pirchl M, Fischer MJ

Int J Environ Res Public Health. Mar 7;19(5):3140. https://doi.org/10.3390/ijerph19053140

Large Improvements in Health-Related Quality of Life and Physical Fitness during Multidisciplinary Inpatient Rehabilitation for Pediatric Cancer Survivors. Riedl D, Licht T, Nickels A, Rothmund M, Rumpold G, Holzner B, Grote V, Fischer MJ, Fischmeister G

Cancers. 14(19):4855. https://doi.org/10.3390/cancers14194855

Das Team

Das LBI for Rehabilitation Research bietet die Freiheit, kreative und zukunftsorientierte Forschungsprojekte durchzuführen, mit dem Ziel, die Rehabilitation im Sinne der Patient:innen auch weiterhin zu verbessern.

Priv.-Doz. Mag. David Riedl, PhD Postdoc

Leitung

Priv.-Doz. Dr. Michael Fischer

Leiter

DDr. Vincent Grote

Stv. Leiter

6
Key-Researcher:innen
3
PhD-Student:innen/Dissertant:innen
3
Wissenschaftliches Forschungspersonal
7
Administratives Personal
2
Sonstiges Personal

Partner

Physiko- und Rheumatherapie Institut Physikalische Medizin (AT)
VAMED Management und Service GmbH (AT)
Stand: Mai 2023

Wissenschaftlicher Beirat

Prof. Ugo CarraroUniversity of Padua (IT)
Prof. Dr. Matthias FinkKlinik für Rehabilitationsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover (DE)
Prof. Francesca GimiglianoUniversity of Campania „Luigi Vanvitelli“, Neapel (IT)
Stand: Mai 2023

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